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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 07.02.2008


Märzmelodie
Tatjana Zilg

Emotional starke Lieder aus der deutschen Rock- und Popgeschichte begleiten eine Story über drei Liebespaare. Im Spagat zwischen Alltagsrealität und Illusion müssen sie neu zueinander finden.




Regisseur Martin Walz suchte mit seinem Team nach Melodien und Texten, die genau das ausdrücken, was seine HeldInnen auf der Leinwand fühlen. Die Original-Ausschnitte setzte er auf ungewöhnliche Weise ein: Nicht als Hintergrund-Soundtrack und auch nicht als von den SchauspielerInnen gesungene Coverversionen. Nahtlos gehen die Dialoge ins Playback über, bei dem die Songtexte direkt in die Handlung eingebunden werden. Das wirkt im ersten Moment leicht irritierend. Da die meisten Gesangsstimmen aber allgemein bekannt sind (Element Of Crime, Udo Lindenberg, Ton Steine Scherben, Annett Louisan u.v.m.), verstärkt dies auch die Identifikation mit den Empfindungen der Charaktere. Durch die Erinnerung an die eigenen ersten Begegnungen mit den Liedern und den damit verbundenen Gefühlen entsteht viel Nähe zu den Hoffnungen, Sehnsüchten und Missverständnissen, die das Beziehungschaos zwischen den sechs Hauptfiguren prägen.

Da wären Thilo (Jan Henrik Stahlberg) und Anna (Alexandra Neidel). Ihr Alltag verläuft leider ganz anders, als sie es sich für ihr Leben erträumten. Beide sind seit einiger Zeit fertig mit der Ausbildung in ihren Wunschberufen. Es gelingt ihnen aber nicht, in der Praxis Fuß zu fassen. Anna ist Grundschullehrerin und kommt mit dem hyperaktiven Verhalten der Kinder nicht zu Rande. Nur mit Autorität Interesse für den Unterrichtsinhalt zu wecken, entspricht nicht den Idealen, die sie vom Lehrerinnen-Sein hatte. Seit einiger Zeit ist sie aus physischen Gründen krankgeschrieben und hadert mit sich und ihren Illusionen. Thilo, Mitte 30, wartet innerlich immer noch auf dem Bus, der ihn nach Hollywood bringt, obwohl er seit seiner Abschlussprüfung als Schauspieler nur wenig Erfolg hatte. In letzter Zeit gelingen auch die Castings für kleine Rollen nicht mehr. Zum Brot-Erwerb jobbt er in einem Call-Center als Weinverkäufer. Auch ihn quälen Selbstzweifel. Das Gefühl, mit dem Leben nicht mehr klarzukommen, wird immer stärker.

Valerie (Inga Busch) und Moritz (Gode Benedix) sind schon lange ein Paar. Ihre Tochter ist zwei Jahre alt. Sie kennen Thilo und Anna seit einiger Zeit. Da Thilo gerade frisch getrennt ist und Anna fast nur noch an ihre deprimierende Berufssituation denkt, wollen sie "gute Fee" spielen und die Beiden zusammenbringen. Thilo lässt sich eher widerwillig dazu überreden, Anna zum Essen einzuladen. Im Restaurant ist es aber bald um ihn geschehen. Dennoch verläuft das Date schlecht. Keiner traut sich, dem Anderen zu sagen, in welcher Situation er gerade ist. Mühsam umschlängeln sie die Wahrheit, kommen sich jedoch nicht wirklich nahe. Und schlimmer, beim zweiten Date hat Thilo einen seiner häufiger auftretenden Gedächtnisaussetzer und lässt Anna quasi aus Versehen in einer Bar sitzen.

Neben dem schwierigen Weg, den Anna und Thilo gehen müssen, bevor sie zueinander finden, liefert der Film noch zwei weitere Handlungsstränge: Valerie hat genug davon, nur Mutter zu sein und außerdem könnte sie als Marketingfachkraft die Haushaltskasse der kleinen Familie beträchtlich erhöhen. Auch sie bedient sich der Lüge im Vorstellungsgespräch und betont, als Singlefrau nur darauf zu warten, hohen Arbeitseinsatz bei zeitintensiven Projekten einzubringen. Es klappt. Sie wird eingestellt. Moritz, der oft Nachtschichten macht, soll mehr Verantwortung in der Betreuung der kleinen Tochter übernehmen. Das geht natürlich nicht gut. Die kleine Familie sieht sich vor der Herausforderung gestellt, ihre Erwartungen aneinander neu zu definieren.

Als Drittes sind da Katja (Jana Pallaske) und Florian (Gedeon Burkhard), ein Freund und Kollege von Thilo, dem der Einstieg in die Schauspielkarriere besser gelungen ist. Seit kurzer Zeit sind sie zusammen, aber Florian betont, dass er die Affäre locker halten will und keine tiefen Gefühle hineinlegen möchte. Katja ist enttäuscht, merkt aber auch, das da etwas nicht stimmt. Sie hält an ihrer Liebe fest. Florian versteckt ein Geheimnis vor ihr.

AVIVA-Tipp: Wie diese sechs Menschen erkennen, was sie wirklich voneinander wollen, wann sie sich nah sind und wann fern, und wie sie durch den Kontakt mit dem Anderen neuen Mut finden, die eigenen Schwierigkeiten kreativ anzugehen, wird vom Regisseur ausdrucksstark und sehr lebendig in Szene gesetzt. Die ungewöhnliche Art, wie Musik als Stilmittel genutzt wird, trägt dazu wesentlich bei.

Märzmelodie
Deutschland 2007, 89 Minuten
Regie: Martin Walz
DarstellerInnen: Jan Henrik Stahlberg, Alexandra Neidel, Gode Benedix, Inga Busch, Gedeon Burkhard, Jana Pallaske, Günther Maria Halmer, Veronika Nowag-Jones, Rolf Peter Kahl
Verleih: X Film
Kinostart: 07.02.2007

Der Film im Web: www.maerzmelodie.de/



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Beitrag vom 07.02.2008

AVIVA-Redaktion